ANKUNFT

 

Ich dachte dir entgegen zu gehen,

doch dann warst du es,

der da kam.

 

Ich glaubte dich zu suchen,

doch du bist es,

der mich nahm und führte

im Dunkel dieser Zeit.

 

Du, mein Herr,

kommst immer neu zu mir,

kommst mir entgegen,

führst mich sanft.

 

Du, Herr und Meister!

Du, Freund und König!

 

* * *

 

 

ADVENTGEDICHT

 

Was ist die Zeit der Ankunft anderes,

als ein Gewahrwerden des Liebesblickes,

der sanft auf dir ruht?

Es ist die Zeit der Stille,

in der du den Mund nur öffnest,

um deinem Staunen Raum zu schaffen.

 

Wenn sie dich umfängt,

diese Gnadenzeit,

so lohne es ihr

mit deiner Umarmung.

 

* * *

 

 

KOMM!

 

Deine Nähe will ich trinken,

will, Herr, all dein Lächeln sammeln.

Neigen will ich mich vor dir -

und will schweigen.

 

Deine Klagen will ich kennen,

will betrachten deine Schmerzen.

Tragen will ich hier dein Kreuz -

und will schweigen.

 

Schweigend rufen will ich,

betend will ich handeln.

Wirst du kommen, Herr,

in meine Ohnmacht?

 

* * *

 

 

Versuchung, die mich verwirrt,

ein Sonnenstrahl,

kahle Bäume,

das Sternenmeer.

 

Freude, die mich erhebt

und Stunden des Leids,

die Unendlichkeit meines Seins,

dessen Grenzen und Schein.

 

Alles erlebe ich in dir,

du göttlicher Geist,

Trost und Hoffnung in dir,

vortrefflicher Begleiter.

 

* * *

 

IKONE

 

Ernst schaust du mich an,

doch nicht traurig.

Ernst schaust du,

doch nicht streng.

 

Deine Hand segnet und streichelt,

beschützt und ersehnt.

 

Du bist mir nahe,

du bist bei mir -

in mir wohnst du.

 

Nur Gott

kann so lieben.

 

* * *

 

 

 

EIN ADVENTGEDICHT

 

an

kommen

lassen

 

lassen

stehen

lassen

lassen

stehen

stehen

warten

 

wartend

stehen

lassen

lassen

kommen

lassen

 

warten

kommen

wartend

lassen

kommen

kommen

lassen

 

an

kommen

lassen

 

* * *

 

 

Mich erfüllen Düfte der Gräser,

der Lobgesang vieler Vögel umgibt mich.

Alle Blätter und Gräser sind grün.

Und du, mein Gott,

lässt mich zur Ruhe kommen.

 

* * *

 

 

Bin ich des Leidens müde?

So bin ich des Lebens müde.

Ich will weiterleben,

weiterfehlen,

weitersehnen,

weiterlieben -

dir entgegen!

 

* * *

 

 

Abends lausche ich der Nachtigall

und am Tag blicke ich den Turteltauben nach,

du, mein Gott.

 

* * *

 

 

Ich horche

und vernehme

und verstehe kein Wort.

 

Wie das Blut in meinen Adern fließt,

wird Dein Wille mich bewegen.

 

* * *

 

 

IN DIR

 

Die Welt ist in dir.

Suche sie hier,

suche sie im Jetzt.

Suche!

 

Das Antlitz

wirst du schauen in dir.

Finde es hier,

finde es im Jetzt.

Finde es!

 

Dich selbst wirst du

erkennen in beidem,

überschreitend das Hier

im ewigen Jetzt

wirst du lieben.

 

* * *

 

 

Brausender Sturm

und sanfte Wellen,

alles vereint: Leben und Tod,

alles in dir: Freude und Trauer,

Begegnung und Abschied

bis hin zur Vollendung.

 

* * *

 

 

Und wenn du auch nur einen einzigen gehasst,

so musst du sagen: ich habe gehasst.

Und wenn du auch nur ein einziges Mal geliebt,

so darfst du sagen: ich habe geliebt.

Er wird lächeln,

der Herr des Weinbergs.

 

* * *

 

 

SEHNSUCHT

 

Ganz still ist diese Nacht.

Allein bin ich und doch nicht leer.

Du wohnst in mir, Gott.

Wartend enthüllst du langsam

dein Gesicht.

 

So schwer kann ich erkennen,

und trüb sind meine Augen.

Sprich deutlich, Meister,

und drücke mich kräftiger an dich,

denn ich bin träge,

bin so abgelenkt

vom Schein der Welt.

 

Wo bist du in ihr?

Wo sprichst du?

Sprichst du durch den Mund

des anderen?

 

Lässt du dich finden,

wo ich Heimat ahne?

 

* * *

 

 

Hohe Bäume

starker Stamm

Säuseln des Windes

es flüstern die Blätter

 

Beuge dich

Baum

und küsse die Quelle

du entkommst dieser Lust

nicht mehr lang

 

* * *

 

 

Die tiefe Wunde ist ein Riss.

Er geht dir durch die Seele.

 

Eine Schlucht

durchwanderst du -

ganz allein.

 

Du weißt,

dass dich am hellen Ende

andere erwarten.

 

·         

·        * * *

 

Doppelte Schmach

 

Zweifach bist du geprellt,

zweifach ist dir ein Teil genommen,

Mann des Glaubens,

Mann der Verkündigung.

 

Du lebst keusch,

entsagst der Lust,

du sperrst sie ein

und fesselst sie

und fesselst dich

und hoffst dennoch

Gazellen gleich

die Freude der Schöpfung

zu bringen

zu singen

zu beten.

 

Das ist nicht leicht,

es macht dich krumm vielleicht,

innerlich,

es macht dich stumm vielleicht

für Zärtlichkeit

und blind für Zeichen

von Lust und Sehnsucht.

 

Dem nicht genug

wirst du auch noch verlacht

von allen,

die deinen Einsatz nicht verstehen,

die nicht erkennen können,

dass dir dieses Opfer wichtig ist

und wertvoll vielleicht;

kostbar als Hingabe

dem Gott der Liebe,

dem Gott, der das Leben bringt

in Fülle,

dem Gott,

der den Menschen schuf

als sein Abbild,

als Mann und Frau.

 

* * *

 

 

 

 

Kein Weiher

unserer Schleiernächte,

kein Versteck im Dickicht,

kein Gehölz

für Hochwild und Fuchs.

 

Kein Schauen mehr

von Seele zu Seele?

 

* * *

 

 

Verletzungen der Seele

sind Vernetzungen unterdrückter Wut.

Ohnmacht heißt das Wachsen

der Kriege.

 

So umarmen wir einander

wie zwei kämpfende Schlangen.

 

* * *

 

 

Schneetreiben verhüllt

den gelben Schwefelhimmel,

Nebel bedeckt Ölflecken

am Weiher.

Es riecht nach Abgasen,

darum schreite ich dahin

und atme nur aus.

 

* * *

 

 

Wunderliches Irrlicht

hier auf meinem Weg.

Du stehst vor mir

und lädst mich ein.

Freundlich lächelst du mir zu.

 

Und folge ich dir

und lass mich verzaubern

von deinem Bann,

so weißt nur du,

was mich erwartet.

 

Lächle mich nicht weiter an!

 

* * *

 

 

Ja, dieser Wind sandte mir deinen Gruß.

Unheimlich und kühl näherte er sich

und wurde zum Bruder,

sobald er deinen Namen säuselte,

deine ferne Botschaft,

die er mir überbrachte

mit dem Streicheln

später Nebelzeiten.

 

* * *

 

 

Trinken möchte ich die Wonne,

die du mir schenkst,

stiller Hain am Abend!

Nie mehr zurückkehren will ich

in die laute Stadt.

Lass mich Gras sein hier bei dir,

Baum oder Strauch

und dem Herrn das Loblied singen

im Abendwind.

 

* * *

 

 

Wie kannst du so wunderbar schweigen,

Abendwiese,

dass ich vor Glück vergehen möchte,

mich auflösen

und dich liebkosen

als Nebelschleier!

 

* * *

 

 

Ich vernahm ihn leise Trostesworte raunen,

Aufmunterungen rauschte er mir sachte zu

und blickte doch mit trauriger Seele auf mich

schwaches Menschenkind,

der Baum.

 

* * *

 

 

Wald,

du meine Burg und Festung,

meine Zuflucht und mein Schlupfloch!

Mit offenen Armen empfängst du mich

und hältst mich wiegend umschlungen.

Du birgst mich in deinem Schoß.

 

Diese schönste aller Kathedralen

ist mir das wahre Lob dem Herrn,

die mich nun Duft und Gesang

ihm zu Ehren hier erleben lässt.

 

Du Weihrauch Tannenreis!

Du Orgel Rauschen

in den hohen Wipfeln!

Steigt empor und kündet,

was ich nicht zu sagen weiß!

 

* * *

 

 

Da hinein will ich nun fallen

in das weite Sternenmeer.

Über eure grünen Wipfel

werde ich mich schwingen

in jauchzender Freude,

Brüder Bäume!

 

Und werde endlich ausruhen auf dir,

Schwester Gras,

bis du mich birgst in deinem Schoß,

Mutter Erde.

 

* * *

 

 

Wirf dich vertrauend

in die Arme

deines Schlafes.

Er ist nun dein Gefährte.

Wie ein Vater wiegt er dich,

erzählt dir Märchen,

in denen du der Held bist,

du der Bösewicht,

der Kobold

und die Fee.

 

Vertrau ihm,

deinem Schlaf,

um dann dem Wachsein

nicht mehr fremd

zu bleiben.

 

* * *

 

 

Hinfühlen

in dich

hineinhorchen

hinabgebeugt

endlich

endlich

ausruhen

lange

ruhen

lange

wohltuend

zeitlos

 

bis du

den Tag

selber

wieder willst

 

* * *

 

 

Gekrümmt oder aufrecht,

wie schreitet deine Seele durch den Morgen,

der sich ganz sachte nähert?

 

Hörst du die Amseln nicht

vor deinem Fenster?

 

* * *

 

 

Mit jedem Tag etwas mehr Weisheit,

noch mehr Dankbarkeit –

welch schönes Altern!

 

 

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Wörth 22

 

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(als Umrahmung der Texte)

Mit freundlicher

Genehmigung

Dechant Mag. Georg Fröschl

Pfarre Breitensee,

 1140 Wien 

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